EU könnte KI-Lügendetektoren in ihre neuen Grenzkontrollsysteme integrieren

| Juni 21, 2024
EU könnte KI-Lügendetektoren in ihre neuen Grenzkontrollsysteme integrieren

Britische Reisende könnten von einem ungewöhnlichen Grenzkontrollbeamten intensiv befragt werden – einem Lügendetektorsystem mit künstlicher Intelligenz (KI).

Die Europäische Union (EU) plant Berichten zufolge, KI als eine ihrer Maßnahmen zur Grenzsicherung einzusetzen.

Die fortschrittliche KI-Software wird Gesichtsausdrücke, Körpersprache und andere Verhaltenssignale bei der Überprüfung von Einreisenden aus Großbritannien analysieren.

Es könnte bei Grenzkontrollen an allen Flughäfen und Fährterminals eingesetzt werden.

Laut The Mail sollen die High-Tech-Lügendetektoren Teil der neuen Grenzkontrollmaßnahmen der EU sein.

Dies sind das Einreise-/Ausreisesystem (EES) und das Europäische Reiseinformations- und -genehmigungssystem(ETIAS).

Die EES wird am 6. Oktober 2024 in Kraft treten, und die ETIAS wird 2025 folgen.

Beide Reiseprogramme verlangen von Nicht-EU-Besuchern die Angabe biografischer und biometrischer Daten für die Einreise in Schengen-Länder.

Wie KI-Lügendetektoren funktionieren

Dem Bericht zufolge müssen Reisende möglicherweise ein Online-Interview mit einem computeranimierten Avatar absolvieren, bevor sie in die EU einreisen können.

Während dieser Befragung werden die Reisenden nach dem Zweck ihrer Reise und anderen persönlichen Details gefragt.

Das KI-System würde den Gesichtsausdruck, die Körpersprache und die Augenbewegungen analysieren, um die Wahrhaftigkeit bei Befragungen festzustellen.

Wenn die Software Anzeichen für verdächtiges oder betrügerisches Verhalten erkennt, könnte sie den Reisenden für eine zusätzliche Überprüfung durch menschliche Einwanderungsbeamte vormerken.

Die EU hat bereits eine ähnliche KI-Lügenerkennungstechnologie in Pilotprogrammen mit den Codenamen iBorderCtrl und Trespass getestet.

iBorderCtrl ist ein mit 4,5 Millionen Euro (5,1 Millionen Dollar) von der EU finanziertes Projekt, das zwischen 2016 und 2019 in Griechenland, Ungarn und Lettland getestet wird.

Wissenschaftler der Manchester Metropolitan University haben die Technologie entwickelt, und ihre Firma Silent Talker Ltd. vermarktet sie kommerziell.

Das TRESPASS-Konsortium testete die Software und eine andere Lügendetektor-Software mit dem gleichen Namen bis November 2021.

Während dieser Versuche beobachteten die Versuchssysteme die körperlichen Reaktionen der Teilnehmer, während ihnen animierte Grenzbeamte Fragen stellten.

Bei einigen Versuchen wurden sogar die Konten von Personen in den sozialen Medien gescannt, um festzustellen, ob sie ein Sicherheitsrisiko darstellen könnten.

Die Verwendung von Inhalten aus sozialen Medien für eine solche Überprüfung hat jedoch bei Bürgerrechtlern Bedenken hinsichtlich der Verletzung der Redefreiheit hervorgerufen.

Neue EU-Einreisebestimmungen für Nicht-EU-Bürger

Das Potenzial für KI-Lügendetektor-Screenings kommt zu einem Zeitpunkt, an dem sich die EU auf die Einführung strengerer Einreisebestimmungen vorbereitet.

Zwei neue Grenzkontrollsysteme werden britische Staatsbürger und Nicht-EU-Bürger, die nach Europa reisen, genauer unter die Lupe nehmen.

Das EES verlangt biometrische Daten von allen Reisenden aus Nicht-EU-Ländern und wird Fingerabdrücke und Gesichtsscans in einer EU-Datenbank speichern.

Damit wird die Ein- und Ausreise von Nicht-EU-Reisenden aus dem Schengen-Raum erfasst, anstatt die Pässe manuell abzustempeln.

Andererseits ähnelt das ETIAS dem Programm für visumfreies Reisen der Vereinigten Staaten (US) und der elektronischen Reisegenehmigung (ETA) des Vereinigten Königreichs.

Staatsangehörige ohne Visum müssen vor jedem Besuch im Schengen-Raum ein ETIAS beantragen.

Um ein ETIAS zu erhalten, müssen Bewerber ein Online-Formular ausfüllen, in dem sie Fragen zu ihrem Hintergrund und ihren Reisedaten beantworten.

Eine KI-Lügendetektor-Software könnte in den Online-Antragsprozess integriert werden und die Reisenden virtuell befragen, während sie die erforderlichen Informationen angeben.

Ethische Bedenken gegen KI-Lügendetektoren

Der Einsatz künstlicher Intelligenz zur Aufdeckung von Lügen im menschlichen Verhalten hat viel Kritik und Skepsis hervorgerufen.

Das EU-Gesetz über künstliche Intelligenz soll sicherstellen, dass KI sicher und fair eingesetzt wird.

Das Ziel ist es, die Rechte und die Privatsphäre der Menschen zu schützen und gleichzeitig die Entwicklung nützlicher KI-Technologien zu ermöglichen.

Er teilt KI-Systeme in Risikostufen ein, wobei einige als hochriskant gelten, wie z.B. solche, die zur Erkennung von Emotionen eingesetzt werden.

Dennoch argumentieren Kritiker, dass die EU-Verordnung zur künstlichen Intelligenz deren Einsatz bei der Strafverfolgung und Migrationskontrolle immer noch zulässt, wie ein Bericht auf BiometricUpdate.com zeigt.

Einige Experten haben KI-Lügendetektoren als unzuverlässige „Pseudowissenschaft“ abgetan, die zu ungerechter Diskriminierung führen könnte.

Patrick Breyer, ein deutsches Mitglied des Europäischen Parlaments, argumentierte, dass selbst geschulte menschliche Experten Lügen nicht zuverlässig allein anhand von Gesichtsausdrücken oder Körpersprache erkennen können.

Er warnte davor, dass KI-Lügendetektoren unfairerweise Menschen mit Behinderungen und Angstzuständen ins Visier nehmen könnten.

Sie könnte auch unterschiedliche kulturelle Interpretationen der Körpersprache diskriminieren.

Es gibt auch Bedenken, dass solche KI-Systeme aufgrund der Daten, auf denen sie trainiert wurden, bestimmte ethnische Gruppen oder Nationalitäten benachteiligen könnten.

Viele Kritiker sehen darin eine unethische Ausweitung der invasiven Überwachungstechnologie.

EU-Beamte haben die Versuche als notwendig verteidigt, um die Grenzsicherheit zu stärken und potenzielle Bedrohungen zu identifizieren.